Einfluss der Kultur auf Fusionen und Übernahmen
DaimlerChrysler lieferten sich 2007 nach zehn Jahren Ehe die „Scheidung des Jahrhunderts“ aufgrund unüberbrückbarer Differenzen zwischen den beiden Unternehmenskulturen. Seitdem sind sich immer mehr Akteure bewusst, dass kulturelle Unterschiede die potenziellen Synergien von Fusionen und Übernahmen (M&A) untergraben können. Die Verbindung unterschiedlicher Unternehmenskulturen zu einer neuen gemeinsamen Kultur ist einer der entscheidenden Faktoren bei M&A, um die strategischen und finanziellen Ziele der Durchführung zu erreichen. Studien haben dennoch gezeigt, dass 30 % der gescheiterten M&As auf kulturelle Probleme zurückzuführen sind.
“Kulturell denken – historisch denken”
– Edgar Schein
Zwei Schweizer Unternehmen beabsichtigten eine Fusion. Beide wurden in den 90er Jahren gegründet, hatten eine eher jüngere und motivierte Belegschaft und konkurrierten mit einem grösseren Drittanbieter auf dem gleichen Schweizer Markt. Die Geschichte, der Standort ihrer Hauptsitze innerhalb der Schweiz sowie die Unternehmenskulturen der Unternehmen waren jedoch sehr unterschiedlich.
Der Besuch beider Hauptsitze war für mich wie ein Besuch zweier verschiedener Welten.
- Empfang: Warmherzig, einladend (Sofas und Obstkörbe) und beziehungsorientiert vs. funktional (Möbel waren auf ein Minimum reduziert) und unpersönlich (Sprechanlage).
- Arbeitsbereich: Flex-Offices und Home-Offices vs. Büroräume mit geschlossenen Türen.
- Zusammenarbeit: Flexible Arbeitszeiten und Freiheitbei der Organisation der eigenen Aufgaben vs.feste Arbeitszeiten und formale Strukturen. tructures.
- Unternehmenswerte: Vergleichbare Werte, jedoch intern orientiert (zur Definition der internen Zusammenarbeit) vs. extern orientiert (zur Definition der Interaktion mit den Kunden).
- Der Führungsstil, die Entscheidungsfindung, interne Kommunikationsstile und externe Marketingansätze variierten ebenfalls stark zwischen den beiden Unternehmen.
In einem weiteren Fall, bei einer grenzüberschreitenden Fusion (Schweiz – Frankreich), kamen nicht nur unterschiedliche Landeskulturen ins Spiel, sondern auch unterschiedliche Märkte und die verschiedenen Bedürfnisse und Erwartungen ihrer jeweiligen Kunden. Während sich das Schweizer Unternehmen in einem lokalen, stark qualitätsorientierten Markt fest etabliert hatte, war das französische Unternehmen ausserdem in einem sich entwickelnden Markt tätig, wo der Preis über der Qualität stand. Eine geistreiche Bemerkung, die ich immer wieder von den Franzosen hörte, war, dass das Schweizer Unternehmen für den Schweizer Markt „Rolls-Royce“ herstellte, obwohl sie eigentlich „Renault 4L’s“ für ihren sich entwickelnden Markt bräuchten.
In beiden Fällen hatten die Firmenvorstände bereits (schmerzhafte) Fusionen und Übernahmen (M&A) erlebt und waren sich daher bewusst, wie wichtig es ist, die kulturellen Parameter für den Erfolg zu berücksichtigen.
“Vor jeder strategischen Veränderung sollte die Kultur analysiert werden.”
– Edgar Schein
Die Bedeutung und Auswirkung, die die Kultur auf die Integration nach dem Zusammenschluss hat, ist entscheidend; sie steht auf derselben Stufe wie die Synergien, die Geschäftsergebnisse und die Gewinnsteigerungen. Die jeweiligen Kulturen vor einem M&A zu analysieren ist daher unabdingbar, damit die Herausforderungen vorausgesehen können, die eine Vermischung beider Kulturen mit sich bringen wird. Dabei werden Kulturintegrationsprogramme zur Vermeidung von Kulturkonflikten definiert, die den Nutzen eines Geschäfts potenziell untergraben könnten.
→ Die Sensibilisierung und das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede sind unerlässlich, um kulturelle Konflikte oder Missverständnisse zwischen den Mitarbeitern und Vorständen der beiden fusionierenden Partner zu vermeiden.
* Edgar H. Schein (born 1928), former professor at the MIT Sloan School of Management, author of “Organizational Culture and Leadership” and “The Corporate Culture Survival Guide”